Eine Clique von Politikern, Bankiers, Managern und Anwälten

„Panama Papers“ – Schon beachtlich, wie die internationale Geldelite ihr Vermögen vor den Welt-Staaten versteckt. Die Verlierer: Entwicklungsländer. Der Schaden: Jahr für Jahr Milliarden.

Damit ein Staat nachhaltig die Grundbedürfnisse seiner Bürger befriedigen und deren Rechte garantieren kann, benötigt er eine kompetente Regierung, die über hinreichende Mittel verfügt und von der Bevölkerung zur Verantwortung gezogen werden kann. In den ärmeren Ländern fehlt es jedoch oft schon an den nötigen Mitteln.

Das liegt einerseits an dem niedrigen Lebensstandard: Indien hat zum Beispiel lediglich rund 4 Prozent des deutschen Durchschnittseinkommens, Haiti 2 Prozent, Äthiopien 1 Prozent. Es liegt aber auch an ihrem niedrigen Steueraufkommen: In den Entwicklungsländern liegt der Steuersatz oft gerade einmal zwischen 8 und fünfzehn Prozent. Zum Vergleich: In den OECD-Ländern liegt er oft über vierzig Prozent.

Während gleichzeitig rund 8 Prozent: Des europäischen Privatvermögens im Ausland versteckt werden, liegt dieser Prozentsatz in Afrika, dem nahen Osten und Lateinamerika bei rund dreißig Prozent. Mit der Steuerflucht vermeiden reiche Bürger Steuern auf ihr Kapitaleinkommen. Und multinationale Konzerne vermeiden Steuern oft völlig legal, indem sie die Gewinne ihrer Tochtergesellschaften so untereinander verschieben, dass die Profite dort anfallen, wo sie nicht zu versteuern sind.
Panama Papers – Milliardenschwere Briefkästen Wie viele Steuern werden in sogenannten Offshore-Paradiesen hinterzogen? Zahlen gibt es nur wenige und auch die sind umstritten. Die Panama-Papers könnten das ändern.
Entwicklungsländer gehen leer aus

Briefkastenfirmen in Steueroasen machen riesige Gewinne einfach nur dadurch, dass sie von Schwesterfirmen superbillig einkaufen und dann an andere Schwesterfirmen überteuert weiterverkaufen. Die Ware geht direkt von A nach C, aber Gewinne fallen nur in B an – mit dem Resultat, dass der Konzern in keinem der drei Länder Steuern zahlt.

Damit ein Land als Steueroase dienen kann: Muss es lediglich Steuerlücken aufweisen und strenge Geheimhaltung praktizieren. Viele idyllische Kleinstaaten erfüllen diese Bedingungen, aber unsere Staaten tun es auch: Luxemburg, Irland, Großbritannien, die Schweiz, Singapur, die USA, die Niederlande und Deutschland. Sie tun es, um Kapital ins Land zu locken, und auch auf Druck der großen multinationalen Konzerne.

Wenn die Konzerne Steuern sparen, fließt mehr Geld an ihre Aktionäre. Dieses zusätzliche Einkommen wird dann meistens in den reicheren Ländern versteuert. Nur die Entwicklungsländer gehen weitgehend leer aus.

Hindernis bei der Beseitigung der Weltarmut: Und das liefe, nach dem gegenwärtigen Ausgabenmuster dieser Regierungen, auf ganz erhebliche Verbesserungen für ihre Bevölkerungen hinaus. Allein die zusätzlichen Ausgaben im Gesundheitswesen würden jährlich 350.000 Todesfälle von Kindern im Alter unter 5 Jahren verhindern. Zusätzlich stünde weitaus mehr Kapital zur Verfügung, das erhebliche private Investitionen zum beschleunigten Wirtschaftsaufbau der Entwicklungsländer ermöglichen würde.

Das internationale System: Von Steueroasen, Briefkastenfirmen, falschen Treuhandgesellschaften, anonymen Konten und korrupten Banken, Anwälten und Lobbyisten ist keine Bagatelle, sondern ein entscheidendes Hindernis bei der Beseitigung der Weltarmut, zu der alle Staaten sich ja immer wieder verpflichten – zuletzt im September in New York bei der Verabschiedung  der Nachhaltigen Entwicklungsziele. Um diese Ziele zu erreichen, wäre es hilfreich, die Entwicklungshilfe zu verdoppeln. Noch weit hilfreicher wäre es allerdings, die illegalen Abflüsse aus den Entwicklungsländern zu halbieren.

Solche Reformen würden auch andere Arten von Kriminalität erschweren: die Veruntreuung von Geldern durch Politiker, Beamte und Führungskräfte in Unternehmen, den illegalen Handel mit Menschen, Drogen und Waffen, den internationalen Terrorismus, sowie auch die mit all diesen Aktivitäten einhergehende Geldwäscherei.

Die Transaktionen in der Unterwelt der Überseefinanz: Haben starke ungleichheitsverschärfende Auswirkungen, sowohl national wie auch global. Versteckte und anonym verschobene Gelder gehören größtenteils Menschen, die zum reichsten Prozent der Menschheit gehören, oder Konzernen, die sich mithilfe von Briefkastenfirmen und anderen Tricks um ihre Steuern herumdrücken.

Sie benutzen diese Mechanismen, um sich (auf unrechte Art, auf Kosten anderer) zu bereichern – mehr zu bereichern, als sie dies auf rechtmäßige Weise tun könnten. Wer auf eine 10-prozentige Kapitalrendite eine jährliche Steuer von 30 Prozent vermeidet, hat nach 40 Jahren drei Mal soviel, als wenn er die Steuern bezahlt hätte. (Und der Kleinsparer muss Steuern auf winzige Zinserträge entrichten, die nicht einmal die Inflation kompensieren.)

Wie seit Piketty weitläufig bekannt: Ist in den letzten Jahrzehnten die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen fast überall erheblich angewachsen. Oxfam verkündete vor Kurzem, dass das reichste Prozent der Menschheit jetzt über die Hälfte allen Privatvermögens besitzt. Der ärmeren Hälfte der Menschheit dagegen gehört gerade einmal 0.6% – genau so viel wie den reichsten 62 Milliardären. Und in diesen schockierenden Zahlen sind nur die bekannten Vermögenswerte berücksichtigt. Zählt man die versteckten hinzu, dann gehört dem reichsten Prozent sicherlich weit mehr als nur die Hälfte.

Geld, Elite, Beziehungen: Übermäßige Ungleichheit untergräbt demokratische Institutionen oder verhindert, dass solche überhaupt erst aufgebaut werden. Bei großer Ungleichheit sind die Interessen der Reichen weit von denen der übrigen Bürger entfernt, und es lohnt sich für die Ersteren, sich über Lobbyisten genug politischen Einfluss zu kaufen, um die Spielregeln zu ihren eigenen Gunsten einzurichten.

Ein Clique von Politikern, Bankiers, Managern und Anwälten regiert – auch wenn diese Herrschaft durch regelmäßige Wahlen abgesegnet wird – und die Mitglieder dieser Clique geben ihre Führungsposition an ihre Kinder weiter: durch Geld, Eliteuniversitäten und karrierefördernde Beziehungen.

Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben mit den Panama Papers einen Leak mit 11,5 Millionen Dokumenten zu 214.000 Briefkastenfirmen ausgewertet. Zu den Profiteuren von Offshorediensten der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama zählen demnach zwölf frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs und 128 weitere Politiker. Auch Spitzensportler kommen in den Papers vor. Geld in Offshorefirmen anzulegen, ist nicht illegal. Einkünfte aus Scheinfirmen nicht anzuzeigen dagegen schon.

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