Ford Mustang GT Convertible – kultig, cool und trinkfest

Es ist an der Zeit, Klischees einzumotten, die man nicht mehr lesen kann. Whisky-schwangeres Schwadronieren, Cruiser-seliges Glorifizieren – nein! Auch jüngere Generationen haben ihr eigenes Profil: Let`s dance the Ford Mustang GT.

Man kann ihn hierzulande endlich seit ein paar Jahren auch regulär beim Händler bestellen – Grauimport-Welpenschutz, das war gestern. Die sechste Generation der Ur-Pony-Cars Ford Mustang ist bei uns seit 2015 angekommen – und muss sich keinesfalls verstecken. Die Starrachse wechselte mit der sechsten Generation ins Museum und ist längst durch eine moderne Einzelradaufhängung rundum ersetzt. Für das Wild-Westen-Feeling sogt der bekannte 5,0-Liter V8 – was anderes sollte es auch nicht sein. Und sorry liebe Eco-Boost-Fans: Ja, der Vier-Ender mit Bausbacken läuft nicht schlecht – aber macht der Sound im Alltag wirklich Laune? Ich sage euch: no, no!

Teure Tank-Stops: Wer sich einen „echten“ Mustang in die Garage stellen möchte, sollte den Tankwart nicht verfluchen – warum auch. Die paar Liter mehr kann man im Alltag getrost verschmerzen. Und Gegenfrage: Sind aufgeladene V6 oder Vierlinge der deutschen Konkurrenz auf dem täglichen Weg zur Arbeit wirklich immer so viel sparsamer? Die Praxis lehrt: meist nicht!

421 oder 450: Merkt Du was im 2018er Pferdesatall?

Ehrlich: Ich im Alltag nicht! Haben die US-Versionen ja bekanntlich mehr Power, zollt man in good old Europe der Ökologie gerne ein paar Minder-PS an Leistung. 421 waren es anfangs im aktuellen Modell der 6-er Generation, das Facelift seit 2018 schickt exakt 29 Pferdchen mehr an die Kurbelwelle. Das fällt in der Praxis allersings kaum auf, ausser das die neue 10-Gang-Automatik zugegeben feiner schaltet als die 6-Gang-Wandler und am Ende rund nen halben Liter weniger Super schlürft. Nicht die Welt aber, für jemanden, der sich einfach mal einen Mustang vor die Türe stellen möchte – aus täglichem Spass am Driven.

Klar, könnte man da jetzt über Grundsätze diskutieren: Den rießen Hubraum verteufel, auf dem überholten Saugmotorprinzip rumreiten oder den Turbo für seine Unnahbarkeit sühnen. Aber ich sage Euch was: Heute können wir all das mal getrost sein lassen, einfach weil wir hier genau der Philosophie folgen, die ihrem Charakter am besten steht. Ihrem Charakter und ihrer Klientel.

Volks V8: 5.0 GT zum coolen Preis

Und da zählt schon eher mal der Anschaffungspreis. Wir wollen den für den Ford Mustang 5.0 GT als typischstes aller US-Ponys überprüfen und tauchen ein in den Zweitürer Convertible samt Faltdach, der sich so gar nicht in die Palette von Ford-Autos einpassen will. Das Gute dabei: Gerade Exzentriker strahlen ihren Glanz häufig auf die etwas matteren Modelle im Autohaus um die Ecke ab. Und so dürften sich die Händler mit der blauen Pflaume im Logo seit geraumer Weile einer ähnlichen ungewohnten Klientel gegenübersehen wie 2005 zu Zeiten des Supersportlers GT – Smallblock mit Bigblock-Beat.

Ok, das Publikum wird vielleicht im Regelfall nicht ganz so solvent sein wie bei Porsche 911 und Co. Denn beim Mustang sprechen wir nicht von sechsstelligen Euro-Preisen, sondern im Falle des Ford Mustang 5.0 Cabrio von geerdeten 50.000 Euro. Aber das reicht doch auch irgendwie, oder?

Line-Lock für Dich: Burn Out in Serie

Schnell zu einem wichtigeren Thema: Zum Vorheizen der hinteren 275er-Walzen gibt es beim Mustang die sogenannte Line-Lock-Funktion. Dragster-Racer benutzen so etwas übrigens fast täglich. Befolgt man nach Wahl im Menu das Prozedere im Stand, schließen sich lediglich die Bremszangen an der Vorderachse – während hinten 15 Sekunden lang freier Schlupf herrscht. Das reicht, um das weiche Profil der Serienreifen empfindlich zu dezimieren. Danach sind die 19-Zöller definitiv auf Betriebstemperatur, und der Ford Mustang kann beweisen, was er draufhat. Eine Launch Control hilft übrigens beim Rennstart – hier lassen sich Anfahrdrehzahlen von 3.000 bis 4.500/min programmieren. Wer sie aber zu hoch setzt, zieht fette Striche auf die Piste und kommt kaum vom Fleck. Der Bestwert ließ sich bisher – nach knapp 1.000 Kilometer – bei 3.500/min Anfahrdrehzahl realisieren: 0–100 km/h in 4,8  Sekunden. Exakt die Werksangabe – geht doch!

Dein Alltag: Das Innenleben ist immer wichtig

Steigt man in seien Mustang der neuersten Generation ist staunen angesagt. Man spürt den Zeitgeister der vergangenen 50 Jahre trotz angemessener Moderne – die gewisse Lässigkeit aufgeknöpfter Hemdsärmel um die Handgelenke schlabbern, die selbst im Stuttgarter Osten noch nach Westcoast schmeckt. Ja ok, der Mustang ist kein Perfektionist ala Audi, Porsche oder BMW – aber für mich perfekt, so wie er ist: Der famose Blick über die beiden Höcker der Motorhaube, das Cockpit mit seinen stilvollen Old-School-Souvenirs im New-Age-Look, die kurz-prägnante Automaik, an der man eigentlich garnicht herumpflücken möchte. Und dazu diese massige Karosseriestatur, die einen derart fest umarmt, dass man gar nichts mitkriegt vom fahrdynamischen Potenzial des coolen Pony.

Ehrlich: Die Schwierigkeit besteht weniger darin, den Ford Mustang GT schnell zu fahren, als vielmehr in der Überwindung, sich dazu aufzuraffen. Es schnultzt einfach, immer souverän, bei Bedarf aber auch mal heftig. Wenn man es aber schafft, den Arm mal runternimmt von der Fensterbrüstung und den Motor hochdreht, statt sich immer nur in seinen Hubraumreserven zu suhlen – dann kommt auch der moderne Mustang zum Vorschein, der mit Vierventiltechnik, Einzelradaufhängung, Recaro-Sitzen und Retro-Schaltern für diverse Fahrmodi. Nein: Mustang mit V8 Gebrubbel macht einfach sau viel Freude! Und die Leute an der Ampel sind nicht mal neidisch. Nein, sie lächeln insgeheim und denken: recht hat er eigentlich.

Du darfst: Endlich selber frei fahren

Im Ford Mustang bekommst du einfach den Streckenverlauf erst mal als Aufgabe serviert. Frei nach dem Motto: So, jetzt mach mal Cowgirl oder Cowboy. Und in der Tat, wenn du dann auf so eine Kurvenkombination zubolzt, mit einem Fahrwerk, das auf Bodenwellen immer etwas ins Schlottern gerät, fühlt sich das zunächst nach Arbeit an. Doch dann steigst du in die Bremse, lenkst ein und stellst fest: nö, nix wilder Ritt, im Gegenteil. Sobald Zug reinkommt in die Kinematik, presst die Querkraft das Genoddel aus dem Fahrverhalten, und der Mustang strapst sich auf Linie. Völlig un-Amerikanisch eigentlich.

Out of Bike: Mein Beifahrer Robert und ich sind inzwischen von unserem ersten Runde zurück, und faucht genüsslich „Wow, not bad“. Weil die 421 PS doch auch für jemanden, der tagtäglich mit Motorrädern jenseits der 180 PS umgeht, beeindruckend sind. Dabei ist es nicht nur die schiere Kraft des Fünfliter-V8, die begeistert. Sondern die lässige Art, mit der er sich über Drehmomentwandler, Kardanwelle und Hinterräder hermacht, spontan und doch nicht hektisch. Dampf und Drehzahl aus der Tiefe, so muss sich ein Verbrennungsmotor alter Schule anfühlen – und das tut er auch.

Du frägst: Was kostet das Ganze jetzt so?

In der Anschaffung wie gesagt nicht mal 50.000 Euro: eigentlich geschenkt im Vergleich zur deutschen Konkurrenz als M4 und Co. Und bei den Unterhaltskosten, allen voran der Spritverbrauch des Ford Mustang 5.0 GT? Hm, Dieser ist natürlich hoch: Im Alltag spült der Fünfliter gut und gerne 13 bis 17 Liter pro 100 Kilometer durch seine acht Brennräume – egal ob Schalter oder Automatik. Mit seinem jeweils langen sechsten Gang kann man sein Pony aber auch unterhalb der Zehn-Liter-Marke galoppieren lassen – theoretisch. Und na ja: Steuer und Versicherung bewegen sich jetzt nicht gerade auf Golf GTI Niveau. Hubraum und CO2 gehen bei uns mittlerweile ins Geld und die Kasko-Klassen erfordern schon eher niedrige Prozentwerte bei der Einstufung  – aber ehrlich: der Vergleich hinkt jetzt auch irgendwo oder!?

Mustang und die Menschen – beide waren und sind Freunde

Wer sich in Deutschland ein vermeintlich potentes Auto kauft, wird oft angefeindet. Anders als beispielsweise mit einem Ferrari in Italien: Hier ist Marke und Status Kult und keinen kümmert es, was das kostet, wie schnell er fährt und was er verbraucht – eher schon was er kann und wie er klingt.

Ähnlich verhält es sich komischerweise auch im Falle des Ford Mustang. Klar, die 5.0 an den vorderen Kotflügel  sorgen mitunter schon mal für Fragen. Doch spätestens, wenn du die Ami-Pferdchen per Startknopf zum Leben erweckst, kann sich der ein oder andere ein Grinsen nicht wirklich verkneifen. Warum auch: Dieses Auto hat Geschichte – since 1964 prangt im Innenraum –und so verbinden viele meiner und älterer Generationen durchaus etwas Wohliges mit diesem Wagen. Weniger Protz und Angabe, mehr Erinnerung, Historie und Coolnes. Der Mustang GT ist kein Poser im klassischen Sinne – wer ihn fährt braucht das auch nicht wirklich. Er vermittelt eher ein Stück Lebensgefühl und Lebensfreude – Freiheit, Emotion und das Gefühl: Ihr könnt mich mal, und wenn nicht ist es auch kein wirklicher Herzschmerz.

Mein Fazit: Habt ihr einen gut bezahlten stressigen Job? Will euch Opa oder Oma was Gutes tun? Nerven euch die null Komma irgendwas Prozent auf dem Tagesgeldkonto? Oder habt ihr einfach mal Bock anders zu sein, als sas Boss-Hemd auf der Nebenspur? Dann geht doch mal mit Freundin oder Frau zu einem der gut 50 Ford-Stores in Deutschland und schaut euch das Ding kurz an. Fahrt es probe – und ihr werdet sehen, der Mustang GT gefällt, egal ob als Fastback oder Convertible. Übrigens gerade auch der Frauenwelt!

Und für alle, die jetzt noch immer mit den Kosten hadern – denkt dran: Irgendwann ist es zu spät, denn die Ära blubbernder V8 wird bald vorüber sein – zuallererst bei uns hier in Europa.

 

Schreibe einen Kommentar