Globaler Trumpismus – und jetzt?

Wir führen einen langweiligen Wahlkampf in Deutschland – und Donald Trump? Der fährt zum ersten Mal Achterbahn in New York …

Der billardtischgrüne Teppich in der UN-Vollversammlung federte die schnellen Schritte ab, ein paar eifrige Hände wiesen den genauen Weg. Sie zeigten dem Mann im dunkelblauen Anzug und der hellblauen Krawatte auf einen Stuhl neben dem Rednerpult. Und so saß Donald Trump, das offizielle Protokoll verlangte danach, für zehn Sekunden auf dem blassbeigen Möbelstück und wartete. Es war wahrlich kein erhabener Thron, auf dem er da Platz nahm, Sekunden vor seiner Rede. Wenn überhaupt, dann schrumpfte die übergroße Rückenlehne des Sessels optisch die Statur des US-Präsidenten zusammen.

Seit ihrer Gründung ist die UN ein mit Protokoll aufgeladener Verein: Die Staat- und Regierungschefs werden mit „Eure Exzellenz“ angeredet, ein Diener begleitet sie ans Podium. Genau wie an diesem Dienstagmorgen in New York, am Tag der 72. Generalversammlung der Vereinten Nationen. Jeder möge sich auf fünfzehn Minuten beschränken, ermahnte Vollversammlungspräsident Miroslav Lajčák die Redner, bevor er um 9 Uhr Ortszeit die Sitzung öffnete. Donald Trumps Auftritt war für 10 Uhr angesetzt.

26 Minuten mehr

Um 10:41 Uhr sagte Trump: „Gott schütze Sie, Gott schütze die Nationen dieser Erde, und Gott schütze die Vereinigten Staaten von Amerika“, und trat vom Podium ab. Der US-Präsident hatte überzogen, was vollkommen in Ordnung war, eben weil er der US-Präsident ist.

Nach außen hin hatte sich der Präsident keineswegs in Rage geredet, was die 26 Extraminuten hätte erklären können. Im Gegenteil, ruhig und sachlich führte er durch sein Manuskript, wobei sich Trumps Tonlage in den unterschiedlichen Passagen kaum veränderte. Vielmehr, so schien es, waren es die vielen Brandherde, die es dem amerikanischen Präsidenten unmöglich machten, sich auf fünfzehn Minuten zu beschränken.

Selbstmordmission – na so was

„Nordkoreas rücksichtsloses Streben nach Atomwaffen und Langstreckenraketen bedroht den gesamten Planten, wobei unzählige Menschenleben auf dem Spiel stehen“, sagte Trump in seiner Rede. „Die Vereinigten Staaten haben enorme Stärke und Geduld bewiesen, aber wenn sie dazu gezwungen sind, sich oder ihre Verbündeten verteidigen zu müssen, haben wir keine andere Wahl, als Nordkorea komplett zu zerstören.“

Kim Jong Un nannte er einen „Raketen-Mann auf Selbstmordmission“. Die Vollversammlung träfe sich hier „in einer Zeit geprägt von großen Hoffnungen und Risiken“, eine Zeit in der Schurkenstaaten sich mit schlagkräftigen Waffen und Terroristen aus dem Globus ausbreiteten. „Es liegt an uns“, rief er Trump die Abgesandten der 150 Delegationen auf, „ob wir die Erde in neuen Höhen emporheben oder in ein Tal der Hoffnungslosigkeit fallen lassen.

Führt man sich noch einmal die Mission und die Absicht der Vereinten Nationen vor Augen, war die Ausführungen des US-Präsidenten ein kleines diplomatisches Disaster: Trump nahm seine erste Rede vor genau jener internationalen Institution, die nach zwei Weltkriegen gegründet wurde, um Frieden und Einigkeit zwischen Nationen zu stiften, zum Anlass, um Nordkorea in einem unerhörten Maße mit einem Vernichtungskrieg zu drohen. War sein „Feuer-und-Zorn“-Zitat vor einigen Wochen in gewisser Weise bloß so etwas wie eine dahingesagte Antwort auf die Frage eines Reporters, handelte es sich hier um das von Beratern sorgfältig geprüfte Manuskript eines Präsidenten, der nicht bloß das Regime um Kim Jong Un als Feind herauspickte, sondern im Zweifelsfall das ganze Land der Zerstörung weihte.

Schurkenstaat der zweite

Damit nicht genug, denn Donald Trump nahm sich nach Nordkorea den nächsten „Schurkenstaat“ vor: Iran. Die dortige Regierung sei eine korrupte Diktatur, die sich als Demokratie ausgebe. „Iran muss aufhören, Terroristen zu unterstützen, anfangen seinen eigenen Bürgern zu dienen, und die Souveränität seiner Nachbarn zu respektieren“, sagte Trump. Den Atomdeal mit Iran, den die unter anderem die Vorgängerregierung unter Präsident Barack Obama ausgehandelt hatte, nannte er „eine der schlechtesten, einseitigsten Transaktionen überhaupt“ und „eine Peinlichkeit“.

Im Anschluss bezeichnete er Kuba und Venezuela ebenfalls als korrupte, destabilisierende Regime, die einst florierende Völker zerstört hätten, „durch fehlgeleitete Ideologien, die Armut und Elend hinterlassen, wo auch immer man sie gewähren lässt.“

Schafft Donald Trump seine eigene Achse des Bösen – oder ist das nur Getöse?

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