Zinsen verändern unsere Welt – Teil II

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Null-Leitzins ausgerufen. Was heißt das eigentlich? Wie wirken sich Zinsen auf uns alle aus? Eine kleine Serie zum Thema Geld…

II: Wie hoch sind die Zinsen sind – und wer bestimmt sie eigentlich?

Der Zinssatz ist der Preis des Geldes, und dieser Preis kann sehr stark schwanken. Wer Anfang der Neunzigerjahre ein Haus bauen und sich dafür Geld von einer Bank leihen wollte, musste rund zehn Prozent Zinsen pro Jahr bezahlen. Heute sind es teils weniger als zwei Prozent. Woher kommen diese großen Unterschiede?

Die Höhe der Zinsen…

die ein Kreditnehmer bei der Bank zahlen muss, wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Dabei geht es zum einen um individuelle Faktoren wie die Bonität des Kunden – also die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde das geliehene Geld auch zurückzahlen kann. Zum anderen geht es um die Laufzeit des Kredits: Je länger sich der Kunde das Geld borgen will, desto teurer wird es in der Regel für ihn.

Diese individuellen Faktoren sind extrem wichtig für jeden einzelnen Kredit. Sie erklären aber nicht, warum das Zinsniveau im Durchschnitt so stark schwankt. Das nämlich hängt von anderen Entwicklungen ab:

Da sind zum einen die Kosten, also das, was die Bank selbst dafür bezahlt, wenn sie sich Geld leiht. Banken bekommen ihre sogenannten Reserven von einer Zentralbank oder Notenbank. In der Eurozone ist das zum Beispiel die Europäische Zentralbank (EZB). Den Zinssatz dafür legt die EZB regelmäßig neu fest. Er wird auch als Leitzins bezeichnet, weil er andere Zinssätze beeinflusst, etwa den sogenannten Interbankensatz, zu dem sich Banken gegenseitig Geld leihen. Wenn die Banken günstig an Geld rankommen, verlangen sie selbst in der Regel auch geringere Zinsen von ihren Kunden. Das gilt zumindest für alle Kredite mit kurzer Laufzeit.

Bei Krediten mit längerer Laufzeit…

…kommt es dagegen auch auf die Erwartungen von Sparern und Unternehmen sowie auf die Nachfrage an: Wenn viele Verbraucher und Firmen zuversichtlich in die Zukunft schauen, investieren und vielleicht ein Haus bauen wollen, fragen sie mehr Kredite nach. Die Banken können es sich in diesem Fall theoretisch erlauben, den Zinssatz zu erhöhen – schließlich steigt dadurch ihr Gewinn, und es gibt trotzdem immer noch genügend Kunden, die sich Geld leihen wollen. Wenn sich die Stimmung in der Wirtschaft eintrübt, verlieren die Unternehmen die Lust auf Investitionen. Entsprechend fällt auch die Nachfrage nach Krediten. Wenn die Bank dann also überhaupt noch Geld verleihen will, muss sie den Zinssatz senken. Das ist ein Grund dafür, dass die Zinssätze bei einer schwachen Wirtschaftslage eher niedrig sind.

Noch wichtiger für die Höhe der langfristigen Zinsen ist der Zinssatz auf Staatsanleihen. An ihm orientieren sich die Banken zum Beispiel, wenn sie ihre Zinssätze auf Immobilienkredite festlegen. Auch die Zinsen auf Staatsanleihen werden theoretisch durch die Nachfrage des Staates nach Krediten bestimmt. Je mehr Geld er braucht, desto mehr Staatsanleihen muss er ausgeben, denn die sind nichts anderes als Schuldscheine. Theoretisch müssten in Zeiten, in denen der Staat sich höher verschuldet, die Zinssätze also steigen.

In der Praxis ist das aber längst nicht immer so. Bei deutschen Bundesanleihen etwa sind die Zinsen in den vergangenen Jahre stetig gefallen, obwohl der Staat nicht weniger Schulden machte als vorher.

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