Italien sagt „NO“ – na und?

Österreich hat endlich einen neuen Präsidenten – und Italien braucht jetzt auch einen neuen Ministerpräsidenten. Das „NO“ der Italiener zur Verfassungsreform und der unausweichliche Rücktritt von Matteo Renzi zeigen allerdings bisher kaum Wirkung. Oder doch?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Italien seine maroden Staatsfinanzen und die schwelende Bankenkrise in den Griff bekommen, dürfte seit diesem Wochenende erheblich gesunken sein.

Der türkische Präsident Erdogan versuchte sich am Freitag schon mal als Anlageberater für seine Landsleute und empfahl den Tausch von Devisen in türkische Lira oder Gold.

Trotzdem tendiert das gelbe Edelmetall zum Wochenstart wenig verändert, und auch die Aktienmärkte zeigen sich wenig beeindruckt von Italiens „Entscheidung“ – im Gegenteil. Allenfalls der Ölpreis tentiert etwas verhalten – wohl eher vorübergehend.

Nein: Das Votum zur Verfassungsreform dürfte eher für Italien selbst Folgen haben.

Droht das nächste Votum gegen Europa?

Denn seit das Austrittsvotum Großbritanniens die Märkte in Turbulenzen versetzt hat, ist die seit Monaten schwelende Bankenkrise in Italien ebenfalls entflammt. Und die Regierung in Rom steht nun vor einem Dilemma – egal, wie sie künftig aussehen mag.

Hält sie sich an die strengen EU-Regeln, könnte das zahlreiche Bankenpleiten nach sich ziehen. Das würde nicht nur Großinvestoren auf den Magen schlagen, sondern vor allem auch zahlreiche private Anleger, die Bankanleihen halten oder hohe Summen auf ihren Konten haben, hart treffen.

Ignoriert Italiens Premier Matteo Renzi oder sein Nachfolger die Vorgaben der EU und rettet die Institute auf eigene Faust, wäre ein Kernelement der Bankenunion ad Acta gelegt. Und dies ausgerechnet in der größten Krise, welche die EU bisher erlebt.

Das „Nichtstun“ rächt ich

Das bisher Italien eher den Kopf in den Sand gesteckt hat, statt zu handeln, dies könnte jetzt zum Bumerang werden. Dabei gab es Warnungen genug.

Beim Stresstest der EZB im Oktober 2014 beispielsweise. Hier waren gleich neun italienische Banken glatt durchgefallen. Aber während andere Länder in Europa nach der großen Finanzkrise ihre Bankensysteme halbwegs auf Vordermann gebracht haben, spielten die Römer eher den „Wartefuchs“.

„Italien hat den Fehler gemacht, untätig zu bleiben, als alle anderen gehandelt haben“. (Erik Nielsen, Unicredit)

Und das rächt sich jetzt vermutlich. Dabei sind die italienischen Banken nicht einmal besonders stark in Großbritannien engagiert, und auch die sonstigen Verflechtungen beider Länder sind deutlich geringer als etwa jene zwischen Deutschland und Großbritannien.

Aber in unsicheren Zeiten wird jener besonders hart abgestraft, der ohnehin nicht gut dasteht.

Noch bis 2015 steckte Italiens Wirtschaft in einer Rezession. Gut möglich, dass der Brexit Italiens klapprigen Aufschwung zu Fall bringen. Weitere Firmenpleiten jedenfalls würden den Anteil der faulen Finanzierungen weiter erhöhen und das Bankensystem in eine gefährliche Schieflage bringen.

Viel steht auf dem Spiel

360 Milliarden Euro betragen derzeit die Problemkredite im Land von Ferrari, Rotwein und Alto Adige. So sind 18 Prozent des gesamten Kreditbestandes in Italien notleidend. Mehr als die Hälfte dieser Summe stammt von Unternehmen, die bereits als insolvent gelten. Die entsprechenden Forderungen haben die Banken lediglich auf 45 Prozent abgeschrieben. Betrachtet man langjährige Statistiken, wird das viel zu wenig sein.

Entsprechend drastisch strafen Investoren die italienischen Banken jetzt ab. Monte dei Paschi di Siena, eine der größten Problembanken des Landes, gehört erneut zu den größten Verlierern am Aktienmarkt. Schon am Dienstag musste die Aktie wegen starker Kursverluste vorübergehend den Handel verlassen.

Fest steht jedenfalls schon heute: Italiens Banken sind auf staatliche Hilfe angewiesen. Wer dies am Ende leisten soll und kann – und wer als nächstes folgt. Alles fraglich.

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